Das Traubengeheimnis fällt. Ein weiterer Angriff auf Winkelried?

Mit dem neuen AOC-Reglement, welches 5 Tage nach der Publikation in der Bernischen Gesetzessammlung auch für uns gilt und mit welchem wir EU-Recht autonom nachvollziehen, fällt auch das Traubengeheimnis. Die guten alten Zeiten, wo noch 15% Algérie zum Einfärben des blässlichen Blauburgunders beigegeben werden durfte, sind vorbei. Auch die bange Frage, wie man eine saubere Trennlinie in einen 50‘000-Liter-Tank macht, damit die obere Hälfte als Twanner, die untere als Ligerzer abgefüllt werden kann, nein, über diese Frage braucht sich kein Kellermeister mehr den Kopf zu zerbrechen, denn solche Praxis ist im neuen Reglement nicht (mehr) vorgesehen. Dafür ist neben der Deklaration des freien Schwefels, der Herkunft, der Abfüllmenge, der Produzentin und des Alkohols auch das Auflisten der Traubensorte in mengenmässig

absteigender Reihenfolge vorgeschrieben. Und damit fällt eben das Traubengeheimnis endgültig und wir sind gehalten, alle diese Angaben auf unseren Etiketten unterzubringen.

Ist die Schweiz nun bis auf den Grund des Chasselas-Sees erschüttert? Kann unter diesen Umständen überhaupt noch Wein produziert werden? Solche und ähnliche Fragen werden uns in Zukunft die Tage verdüstern und uns nachts unruhig in die Laken schwitzen lassen. Hingegen braucht uns überhaupt nicht zu kümmern, dass uns dank unseren transatlantischen Freunden die Deklaration der Gentech-Hefe erspart bleibt, denn der mündige Konsument erkennt die genveränderte Hefe am Goût, während er mit hoher Sicherheit zukünftig vor der Hausenblase, dem schonendsten, billigsten und seit Jahrhunderten verwendeten Schönungsmittel gewarnt werden muss, indem die poetische Formel "enthält Fischprodukte" ebenfalls auf die Etikette drängt.
Prost!

Departement für autonome Nachvollzüge der Rebbaugenossenschaft Reichenbach
16.3.2009