Ein Kater namens Sidi Brahim

Mensa sana in corpore sano

Ja, ich habe es geschafft! Ich habe es geschafft, mir einen guten Vorsatz für das neue Jahr zu nehmen, den ich nicht schon im Neujahrskater vergessen habe: Dieses Jahr werde ich etwas gegen das Gewicht und für die Gesundheit tun und mich ausgewogen ernähren!

Das will geplant und durchdacht sein, habe ich doch bis heute keine Erfahrung mit Diäten sammeln können. Aber eine teure Beratung brauche ich nicht, alles Wissenswerte dazu findet sich ja im Internet und auf den Produkte-verpackungen. Also google ich erst mal nach der klassischen Ernährungspyramide. Ich stelle mit Entzücken fest, dass an deren Spitze Kuchen und Eis steht. So genussfeindlich scheint die ja gar nicht zu sein! Nachdem ich vor dem laufenden Rechner zwei dicke Stücke Schwarz-wäldertorte verzehrt habe, stelle ich beim Weiterlesen fest, dass es offensichtlich ratsamer ist, Kohlenhydrate in komplexer Form zu sich zu nehmen. Zwar waren die Tortenstücke fünfschichtig und damit einigermassen komplex, aber offensichtlich zählt Zucker nicht zu den komplexen Kohlenhydraten. Aber Kartoffeln! Mir fällt die Familienpackung Zweifel Chips im Keller ein – nix wie ran. Da steht es schwarz auf orange: 49g pro 100g sind Kohlenhydrate.
Dafür braucht es drei Zeilen auf der Verpackung, das müssen also ganz sicher komplexe Kohlenhydrate sein.

Das macht Durst. Im Kommentar zur Ernährungspyramide finde ich die Bemerkung, dass es häufig hilft, den kleinen Hunger mit Getränken "zu ertrinken". Zum Glück hat es noch Schneider Weisse im Kühlschrank.

Etwas Sorgen macht mir nun doch bei der Weiterlektüre, dass der Tagesbedarf Fett 60g beträgt. Zwar hat eine Portion luftigleichte Chips nur 10g Fett, also einen Sechsel davon, dummerweise waren aber in der Tüte gute 9 Portionen drin! Jetzt ist nur noch Luft drin, deren Tagesbedarf ich noch nicht rausgefunden habe. Immerhin habe ich jetzt auch gut den doppelten Tagesbedarf an Vitamin E zu mir genommen und ich hoffe insgeheim, dass das die leichte Überdosis Fett abbauen hilft oder wenigstens nicht schädlich ist.

Damit die Ernährungspyramide nun nicht ins Wanken gerät, muss ich nun wohl oder übel noch die Zwischenschichten füllen: Obst und Gemüse, Fleisch, Eier, Milchprodukte und Fisch fehlen da noch. Fleisch sollte man so zwei bis drei Mal pro Woche zu sich nehmen. Mit Entzücken stelle ich fest, dass dies exakt mit meinen Gewohnheiten übereinstimmt: Montags, Mittwochs und Samstags, also wirklich nicht mehr als drei Mal pro Woche, kaufe ich bei Bell eine
Schale Fleischkäse für meinen persönlichen Bedarf. Da fällt mir gerade ein, dass Donnerstag ist und noch Reste davon im Kühlschrank stehen. Ächzend erhebe ich mich, steige in die Adiletten und wanke zum Kühlschrank. "Mit Adidas gegen Adipositas" kalauere ich kauend vor dem Kühlschrank kauernd. Der hat auch mehrere Schichten, wie die Ernährungspyramide, alle lecker gefüllt. Aus den noch zu füllenden Zwischenschichten ziehe ich pflichtbewusst das Tiramisu vom Silvesterabend (Eier und Milchprodukte!).

Nun ist aber genug! Ich bewege meinen Bodymassindex Richtung Schlafzimmer, als mir das Gemüse und Obst wieder einfällt. Fünf mal täglich! Nach vier Avocados muss ich aber kapitulieren. Noch ein Glas ungesüsster Whisky hilft das Tagespensum an Getränken zu ergänzen. Seitwärts, damit ich nicht steckenbleibe, schiebe ich mich durch die Schlafzimmertür und stelle den Wecker auf fünf vor Mitternacht: Dann werde ich die letzte Avocado des Tages auch noch irgendwie reinkriegen.
Jo-Jo Fischer